Ratssitzung 21. September 2022, TOP 1.1 Haushaltsreden
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
Für Deutschland, Nordrhein-Westfalen und damit auch für Wuppertal braut sich in diesem Jahr das zusammen, was man einen perfekten Sturm nennt. Einige Elemente will ich hier nennen:
Die soziale Spaltung in der Stadt steigt. 17000 Menschen schuften nach wie vor im Niedriglohnsegment.
Die Armutsquote ist von 2020 bis 2021 von 17,6 auf 18,7% gestiegen in NRW, im Regierungsbezirk Düsseldorf sogar auf 19%. Gleichzeitig steigt die Zahl der Millionäre in Wuppertal. Diese Entwicklung wird sich durch die Preisexplosion der Lebenshaltungskosten noch verschärfen.
Die ohnehin hohe Alters- und Kinderarmut in Wuppertal wird weiter zunehmen. Die Lebensqualität in der Stadt sinkt, wenn präventive Hilfsangebote, Unterstützung für Teilhabe an Sport und Kultur nicht hochgefahren werden.
In dieser Situation ist die Unterstützung der Träger der Freien Wohlfahrtspflege und der freien Kultur besonders wichtig.
Die Wohlfahrtsverbände, die ein gut Teil der sozialen Pflichtaufgaben in dieser Stadt tragen, die Freie Kulturszene und bürgerschaftliches Engagement z.B. Freibad Mirke dürfen nicht alleingelassen werden mit den explodierenden Kosten. Wenn das GMW mit einer Steigerung der Energiekosten von plus 60% rechnet, wird das bei den Verbänden nicht anders sein. Daher unterstützen wir die Anträge der Freien Wohlfahrtspflege und der freien Kulturszene.
Die Streichungen und Kürzungen der Vergangenheit haben trotz der Zuwendungen aus dem Stärkungspakt den Haushalt nicht sanieren können. Die annähernd 1000 Stellenstreichungen haben die Verwaltung gelähmt, sodass nicht wirklich geplant, Fördergelder nicht eingeworben und soziale Dienstleistungen nicht erbracht werden können.
Bereits in diesem zu Ende gehenden Jahr sind durch explodierende Energiepreise, Ukraine-Krieg, Pandemie, und Teuerungsrate, vor allem bei den Baumaßnahmen, Mehrkosten in Millionenhöhe entstanden.
Für die trägt kein Stadtrat die Verantwortung.
Die Verursacher sitzen in Bund und Land, weil ihre Hilfspakete völlig unzureichend sind.
Die beschlossene Leitzinserhöhung wird die Situation noch verschärfen.
In dieser Situation mutet der Haushaltsentwurf den Wuppertalerinnen und Wuppertalern erneut falsche Schwerpunkte zu: 68% der Einwohner*innen in NRW erwarten mehr Investitionen in Busse und Bahnen, 80% mehr Investitionen in Kitas, Schulen, Unis und 76% wünschen sich mehr Investitionen in den Klimaschutz. Alle diese Zahlen liegen weit über dem Bundesdurchschnitt. (IMK-Umfrage)
Aber dieser Haushalt schiebt erneut wichtige Investitionen wie z.B. die Renovierung der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule in die ferne Zukunft. So etwas hat zwei Folgen: Die Preise für Bauleistungen werden steigen und der Verfall an Gebäuden, Treppen, Brücken wird fortschreiten. Damit wird in der Zukunft noch mehr Geld für die Sanierung erforderlich sein. Fehlentscheidungen wie der Abriss der alten PH als Ausweichquartier für Schulen kommen hinzu. Die notwendigen Mehrinvestitionen für die Ersatzbauten, jetzt vornehm Module genannt, bedeuten fehlende Mittel an anderer Stelle.
Die Ausgaben für die BUGA werden in 2022 erst moderat
eingepreist: Eingestellt in den diesjährigen Haushalt sind 1,5 Mio. DIE LINKE lehnt diese Haushaltsposten ab. Wir erachten Investitionen an anderer Stelle für wichtiger.
Wir waren und wir sind mit dem Kämmerer der Meinung:
Die BUGA ist für Wuppertal nicht finanzierbar.
Für wichtige Zukunftsausgaben fehlen die erforderlichen Mittel.
Eine Folge der aktuellen Haushaltsplanung: Die notwendige Transformation bleibt aus, die Klimaneutralität bis 2035 ist schon jetzt ein gebrochenes Versprechen.
Zum Beispiel Radverkehr:
Ich zitiere aus einem Schreiben alternativer Verkehrsvereine:
„Wuppertal hat sich 2017 mit der Entwicklung eines Radverkehrskonzeptes, das 2020 vom Rat mit großer Mehrheit beschlossen wurde, auf den Weg gemacht.
Von dem 358 km messenden Radverkehrsnetz ist jedoch gerade einmal ein verschwindend geringer Anteil an einzelnen Radwegen realisiert. Ein Netz existiert nicht.
Dabei ist Infrastruktur für den Rad- aber auch Fußverkehr günstiger als KFZ-Straßenbau und wird auch noch bis zu 95% von Land und Bund gefördert. Bis jetzt sind diese Gelder an unserer Stadt vorbeigegangen. Damit haben wir Millionen verschenkt.
In der Studie „Wuppertal Klimaneutral 2035“ des Wuppertal Instituts wird nochmal eine gute Verdopplung des Radverkehrsanteils auf 20% als notwendig erachtet.
Daher benötigen wir nun endlich Planer:innen, die Radwege nach den zahlreichen vorliegenden Konzepten konkret planen und so Fördermittel einwerben können.“
Zitat Ende
Die drohende Überschuldung der Stadt kann nur durch ein durchsichtiges Finanz-Manöver vermieden werden.
Die Mehrkosten für den Ukraine-Krieg, einschließlich der stark gestiegenen Energiekosten, sollen wie die der Pandemie, nicht durch reale Einnahmen gedeckt werden - sondern durch Kredite.
Diese Kredite sollen in Sonderhaushalten isoliert und dadurch sollen spätere Haushalte belastet werden.
Sieht so das „wuchtige“ Paket der Bundesregierung für die Kommunen aus?
Es ist schon ein Wunder, dass die FDP und die CDU diesem Verfahren in Wuppertal zustimmen wollen. Denn faktisch kaschiert diese Schuldenisolation nur den Bruch mit der Schuldenbremse, die doch landauf – landab als Grundrecht festgeschrieben wurde.
Denn die großen Belastungen aus Corona-Pandemie und Ukrainekrieg erfordern echtes Geld und keine Bilanzkosmetik.
Die Schulden für Pandemie, Krieg und Energiekosten werden nicht durch Steuern für Einkommensstarke gedeckt, sondern als zinspflichtige Kredite in die Zukunft verschoben. Der haushaltspolitische Spielraum künftiger Stadträte in Wuppertal wird so eingeengt.
DIE LINKE hat die Schuldenbremse stets abgelehnt, sie ist ein untaugliches Instrument.
Denn Schulden müssen in besonderen Situationen gemacht werden, wie man an den Sonderhaushalten sieht.
DIE LINKE im Rat fordert im Verein mit dem Bündnis für die Würde unserer Städte erneut einen Altschuldenfonds von der schwarz-grünen Landesregierung. Die Sache duldet keinen Aufschub. Die Isolierung in Sonderhaushalten ist keine Lösung.
Den Haushaltsantrag von SPD, CDU, FDP, soweit wir ihn in der Kürze der Zeit bewerten konnten, bewerten wir positiv.
Mehrausgaben in Höhe von knapp 6.9 Mio €. Das ist ja mal eine Hausnummer. Es gibt allerdings einen Wermutstropfen: Es handelt sich häufig um Einmalzahlungen, die die strukturellen Probleme nicht lösen werden. Nicht umsonst fordert die AGFW eine jährliche Anhebung um 5%.
Auch im Antrag der GRÜNEN finden sich viele Vorschläge die wir unterstützen. Vor allem die für den nicht motorisierten Verkehr.
Die städtische Haushaltssituation ist so prekär, dass die noch bescheidenen Ausgaben für die BuGa von 1,5 Mio. € den jetzigen und die kommenden Haushalte überfordern werden. Der Haushalt, den wir heute beschließen sollen, lässt erkennen, dass die restlichen BuGa-Kosten von mindestens 68 Mio. € nicht aufgebracht werden können. Das ist nicht nur die Einschätzung der LINKEN im Rat. Wie hinreichend bekannt, hat der scheidende Kämmerer schon anlässlich der städtischen Bewerbung für die BuGa 31 davor gewarnt, dass der städtische Haushalt ein solches Projekt nicht finanzieren kann.
Vielen Dank.
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