Anfrage KiTa-Ausbau per Durchführung eines Investorenmodells

Anfrage zur Sitzung des Rates, 1. Juli 2024

VO/0675/24

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

bereits im September 2022 berichtete die WZ über die Pläne der Verwaltung, KiTa-Plätze künftig nur noch über das Investorenmodell auszubauen. In den letzten Beschlüssen zum Neubau bzw. zur Neuerrichtung zweier KiTas in der Leibuschstr. (VO/0912/23) und Grafenstr. (VO/0911/23) per Durchführung eines Investorenmodells, begründete die Verwaltung ihre Anmietungsstrategie (nach dem Vorbild der Bundesbahndirektion) vor allem mit pauschalen Mietzuschüssen, die Kommunen vom Land NRW auf Grundlage des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) erhalten, sofern sie Räume zum Betrieb der Kindertagesstätten anmieten.

Wegen der hohen Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder, staatlichen Förderprogrammen und vergleichsweise langen Mietlaufzeiten von über 20 Jahren, gilt das Investorenmodell als gesichertes Investment und verspricht, langfristig stattliche Gewinne auszuschütten. Da Investoren Rendite erzielen wollen, müssen die Einnahmen deutlich höher seien, als die Ausgaben. Dieser Logik folgend, musste vor wenigen Monaten der Rat der Stadt Dortmund beschließen, die KiBiz-Mietpauschale temporär über einen kommunalen Zuschuss von vorerst 80.000 Euro zu erhöhen, um die geplanten KiTa-Neubauprojekte nicht zu gefährden. Aufgrund enorm gestiegener Baukosten drohten die Investoren sich zurückzuziehen, weil unter den derzeitigen Bedingungen die Investition unwirtschaftlich sei. Inzwischen überlegt die Stadt Dortmund, ein grundlegendes Zuschuss-Modell einzuführen, um langfristig hohe Mieteinnahmen für Investoren zu garantieren, die durch die KiBiz-Pauschalen nicht abgedeckt würden. Die Mieteinnahmen sollen nämlich nicht lediglich die Investition (Baukosten) refinanzieren, sondern vor allem das Versprechen nach hohen Renditen einlösen.

NRW-weit gewähren auch andere Kommunen zusätzliche Mietzuschüsse, damit sich das Investment rechnet. Gleichzeitig wenden sich aber auch viele Kommunen von dem Investorenmodell ab, weil dieses Modell Abhängigkeiten für 20 Jahre schafft und einige nicht zu unterschätzenden Risiken für die Kommunen birgt. Darunter fallen langfristig höhere Kosten für die Kommunen, da sie Mietzahlungen oder andere finanzielle Verpflichtungen an die Investoren leisten müssen, die ggf. auch die Erhöhung von KiTa-Beiträgen zur Folge hätten. Auch ist ein erheblicher Verlust an Landesmitteln zu befürchten: Im Haushalt des Landes NRW sind für 2024 inzwischen über 126 Millionen Euro für Mietzahlungen nach dem KiBiz (Haushaltsstelle 07 040 633 17 271) vorgesehen, 2019 waren es noch etwa 70 Millionen Euro.

Vor dem Hintergrund zahlreicher insbesondere finanzieller Risiken, die nicht mehr nur hypothetisch angenommen werden, sondern in vielen Städten in NRW bereits Realität sind, bestehen erhebliche Zweifel an der Strategie der Wuppertaler Verwaltung, den räumlichen Ausbau von KiTa-Plätzen nur noch über das Investorenmodell durchzuführen.

Um die Bau- und Anmietungsstrategie der Verwaltung besser nachvollziehen zu können, bitten wir um die Beantwortung folgender Fragen:

 

1. In welchem Rahmen und Umfang hat die Verwaltung mögliche kurz,- mittel- und langfristige Risiken in der Zusammenarbeit mit Investoren überprüft?

2. Kann die Verwaltung die Wirtschaftlichkeit der geplanten Projekte für die Investoren sicherstellen, ohne bspw. attraktive Zuschüsse aus dem kommunalen Haushalt oder eine Anpassung der KiTa-Gebühren zur Kompensation eventueller Mehrkosten?

3. Hat die Verwaltung Alternativen zum Investorenmodell überprüft, oder wurden schlicht durch Beschlüsse oder Planungen Vorabfestlegungen getroffen?

4. Liegen der Verwaltung Informationen vor, wonach das Land NRW Bedenken äußert, das Investorenmodell perspektivisch in dieser Form begünstigen zu können, etwa wegen ausufernden Kosten und damit einhergehend erheblichen Verlusten an Landesmitteln für die Kinder- und Jugendhilfe?

5. Im September 2022 gab die Verwaltung auch bekannt, bereits mit Investoren im Gespräch zu sein. Bitte schlüsseln Sie diese auf.

Für einen besseren Überblick über den derzeitigen Stand bitten wir des Weiteren um die Beantwortung folgender Fragen:

6. Wie viele der städtischen Kitas werden derzeit in Mieteinrichtungen betrieben?

7. In welcher Höhe erhält die Stadt Wuppertal bereits jetzt Mietzuschüsse gemäß KiBiz und in welchem Verhältnis stehen die Zuschüsse vom Land NRW zu den Mietaufwendungen durch den kommunalen Haushalt für die betroffenen Einrichtungen?

8. Wie viele KiTa-Projekte sind aktuell per Durchführung des Investorenmodells geplant? Bitte geben Sie wenn möglich den Planungsstand der Einrichtungen an.

 

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Herhaus               Gerd-Peter Zielezinski

                     Fraktionsvorsitzende