Ratssitzung 16. Dezember 2019, TOP 1.1.3 Haushaltsreden

VO/0890/19              Haushaltsplan 2020/2021

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

Das Dogma der Schwarzen Null wird zunehmend in Frage gestellt. Es wird immer deutlicher, dass die Argumentation, Kindern und Kindeskindern keine Schulden hinterlassen zu wollen, zu kurz greift. Die unterbleibenden Investitionen belasten künftige Generationen, die umso mehr Geld aufbringen müssen, um Straßen, Gebäude usw. wieder in Schuss zu bringen.

Die Bezirksregierung hat es eingesehen und erlaubt dem Kämmerer, für den Schulbau neue Schulden zu machen.

Damit Kommunen wie Wuppertal ihre finanzielle Handlungsfreiheit zurück erlangen können, bedarf es neben der Aufgabe der Schwarzen Null, der Einrichtung eines Altschuldenfonds.

Diesen fordert DIE LINKE schon seit Jahren. Obwohl lange in diesem Haus verteufelt, ist diese Forderung auch beim Bündnis für die Würde unserer Städte angekommen. Und in letzter Zeit scheint sich auch bei Land und Bund etwas in Richtung Altschuldenfonds zu bewegen.

In der politischen Diskussion um den kommenden Haushalt stellen wir im Vergleich zu den vergangenen Jahren Veränderung fest, die wir positiv finden.

Dies wird bei den Gegenfinanzierungsvorschlägen deutlich.

Wir erinnern uns z.B. an den Antrag zur Finanzierung der Spielsuchtberatung durch Erhöhung der Vergnügungssteuer. Dieser wurde abgelehnt.
Heute ist die Erhöhung der Vergnügungssteuer selbstverständlich Teil der Gegenfinanzierung.

Wann hätte die GroKo je einer stärkeren Parkraumbewirtschaftung und Erhöhung der Parkgebühren zugestimmt? Das war unvorstellbar.

Die intensivere Parkraumbewirtschaftung bringt gleich zwei positive Ergebnisse hervor. Sie kann dafür sorgen, dass der stehende Individualverkehr sacht aus der Stadt verdrängt wird. Und sie bringt Gelder, die für sogenannte freiwillige Leistungen eingesetzt werden können.

Die vorliegenden Anträge stellen Pakete dar und enthalten Forderungen, die wir unterstützen können. Wir begrüßen, dass die Mittel für die freie Kultur-Szene erhöht werden sollen.

Allerdings unterscheiden sie sich in ihrer Schwerpunktsetzung. Im Antrag von CDU und Grünen werden mehr Mittel für den Umweltschutz und im Antrag der SPD für Soziales veranschlagt. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und wachsender sozialer Ungerechtigkeit lehnt es DIE LINKE ab, diese Bereiche gegeneinander zu stellen. Beide Anträge stellen zum vorgelegten Haushaltsentwurf eine Verbesserung dar und deshalb wird DIE LINKE sie unterstützen und fordert bei vergleichbaren Posten der beiden Anträge die Höchstbeträge einzusetzen.

Es ist klar, dass dann die Gegenfinanzierungsvorschläge von CDU/ Grünen und SPD nicht ausreichen. Zur Deckung der entstandenen Lücke schlägt DIE LINKE die Anhebung des Hebesatzes der Gewerbesteuer um 1%, also von 490 auf 495 vor. Auch wenn wir wissen, dass eine Erhöhung der Gewerbesteuer nicht populär ist, kommen wir um eine geringfügige Erhöhung des Hebesatzes nicht umhin, wenn wir nur die notwendigsten Verbesserungen für Umwelt und Soziales erreichen wollen. Diese geringfügige Erhöhung ist auch für die Unternehmen verkraftbar. Schließlich ist uns nicht bekannt, dass nach der letzten Anhebung der Gewerbesteuer Unternehmen die Stadt verlassen hätten.

Im Übrigen. Wenn die Kommunen besser finanziell ausgestattet wären, wäre auch für uns eine solche Erhöhung obsolet.

Uns liegen Anträge verschiedener Vereine und Organisationen vor.

Diese Anträge zeigen auf, wo es in dieser Stadt großen Handlungsbedarf gibt. Es sind die sogenannten freiwilligen Leistungen in Bereich Soziales. Die Angebote der Sozialverbände sind wichtig für die Menschen in unserer Stadt. Es darf deshalb keinen Deckel mehr geben und die Dynamisierung der Zuschüsse muss in den Haushalt mit aufgenommen werden.

Die Bedeutung präventiver Arbeit muss anerkannt werden. Und somit die auskömmliche Finanzierung. Dies bestätigt auch eine vom Landesministerium für Kultur und Wissenschaft geförderte Studie von Professor Rixen.

Die Auswirkungen der bisherigen Kürzungen beeinträchtigen die Lebensqualität in unserer Stadt noch immer.

Haushaltssicherungskonzepte und der durch den Stärkungspakt erzwungenen Haushaltssanierungsplan bedeuten für die Stadt, dass auch weiterhin der Mangel verwaltet werden muss.

Kürzungen beim städtischen Personal stellen Wuppertaler*innen nur allzu oft vor Probleme:

  • Engpässe bei den Terminvergaben beim Meldeamt und bei der Kfz-Zulassungsstelle,
  • Lange Bearbeitungsdauer bei Bauanträgen
  • Arbeitsüberlastung bei den städtischen Angestellten
  • Personalmangel in fast allen Bereichen der städtischen Ressorts
  • Fehlendes Personal in den noch verbliebenen städt. Bädern – bedeutet weniger Öffnungszeiten, das führt auch zu Problemen beim schulischen Schwimmunterricht.
  • Fachkräftemangel, auch wegen unattraktiver Bezahlung im Verhältnis zu anderen Städten,
  • KiTa-Gruppen können nicht eingerichtet werden, da Erzieher*innen fehlen.
  • Investitionsstau, da Ingenieur*innenstellen nicht besetzt werden können,
  • Spielplätze können nicht instandgehalten werden
  • Brücken, Treppen, Straßen werden zum Teil nicht erhalten und saniert.

2012  jubelte OB Jung: „Bund und Land haben die Kommunen gestärkt!

Und: Der größte Erfolg ist das Stärkungspaktgesetz. Bei aller Bescheidenheit: Wir können mit Fug und Recht behaupten: Ohne Wuppertal gäbe es dies alles nicht!

Diese positive Einschätzung hat die LINKE zu keinem Zeitpunkt geteilt. Im Gegenteil!

Im Kommentar vom 23. November 2019 kommt Lothar Leuschen von der WZ, beileibe kein Freund der LINKEn,

zu ähnlichen Überlegungen.

 „Schwächungspakt

Am Ende entpuppt sich der hochgelobte Stärkungspakt des Landes Nordrhein-Westfalen mit bettelarmen Kommunen wie Wuppertal als Pleite.

Nach jahrelangen Sparanstrengungen, nach Darben und Umdrehen jedes einzelnen Cents, nach Hunderten von abgebauten Stellen in teils sehr sensiblen Ämtern der Stadtverwaltung steht Kämmerer Johannes Slawig da, wo er auch vor Zeiten des Stärkungspaktes stand. Er steht vor dem Nichts ...

Wuppertal muss wieder in Infrastruktur und Lebensqualität investieren, wenn nicht „dann wird die Abwärtsspirale Fahrt aufnehmen, dann befindet sich Wuppertal auf der Rutschbahn, an deren Ende heute schon Städte wie Gelsenkirchen und Pirmasens stehen. Das ist zu einem großen Teil das Ergebnis eines Stärkungspaktes, der im Grund nichts als ausgeglichene Haushalte zum Ziel hatte. Das eigentliche Problem der Kommunen wurde und wird nicht gelöst.“

Herr Leuschen benennt die Folgen der Finanznot, aber nicht die Verursacher.

Die Schuldigen an dieser Misere sind die SPD/Grüne/CDU/FDP-Bundesregierungen, die mit immer neuen Steuersenkungen für die Reichen und großen Konzerne Kommunen wie Wuppertal finanziell ausgetrocknet haben. Diese Entwicklung muss umgekehrt werden! Solange dies nicht geschieht, verkommt der städtische Haushalt zur Verwaltung des Mangels!