Veranstaltung „Nahverkehr in der Sackgasse“, am 13. März 2013

Gerd-Peter Zielezinski

Rede von Gerd-Peter Zielezinski, Fraktionsvorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe TeilnehmerInnen,

auch heute spricht man noch allgemein von den Wuppertaler Stadtwerken. Obwohl die WSW seit 2007 in 3 Gesellschaften aufgespalten wurden, nämlich:

1) in die WSW Energie & Wasser AG, zu 33% in Besitz von GdF/SUEZ,

2) die Verkehrsgesellschaft WSW mobil (100% kommunal),

3) die WSW GmbH als Holding (hält die städtischen  Anteile der beiden zuvor genannten WSW-Teilgesellschaften sowie der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) und gehört zu 100% der Stadt. Über die Holding fließen die Gewinne aus den Anteilen der Stadt aus der Energie & Wasser und der AWG zur Verkehrsgesellschaft WSW mobil, die regelmäßig Verluste einfährt.

Bis 2002 gab es das Einheitsunternehmen WSW AG, das Verkehr, Versorgung und Abwasser umfasste und zu 100% kommunal war. Das einheitliche Unternehmen war in der Lage, den Verkehr zu betreiben, ohne dass die Stadt finanziell je etwas zuschießen musste.

Alle MitarbeiterInnen wurden nach einem einheitlichen guten Tarif bezahlt.

Zu dieser Zeit galt die Existenz des einheitlichen Betriebs für die Beschäftigten der WSW, den Betriebsrat und ver.di als Garant für diese Errungenschaften.

Aber schon zur Zeit des einheitlichen Betriebs gab es den 1. Sündenfall. Die Gründung der VSG (Verkehrs-Service GmbH) mit dem Ziel, die Mitarbeiter für den Fahrdienst zu einem schlechteren Tarif einzustellen. Mittlerweile gilt dieser Tarif auch für Neuangestellte bei der WSW mobil. Bei der Einführung wurde die Ausgründung des Fahrpersonals damit begründet, für die Kernbelegschaft Arbeitsplatz und guten Tarif zu sichern - die WSW AG zukunftssicher aufzustellen.

"Privat geht alles schneller, billiger, besser" tönte einstimmig die veröffentlichte Meinung. Dies ging einher mit einer massiven Diskreditierung der Beschäftigten in den öffentlichen Betrieben und Verwaltungen, die als leistungsschwach und deren Arbeit als außerordentlich ineffizient galt.

Zudem wurde durch die Steuersenkungspolitik für große Konzerne und Reiche (an der CDU/SPD/Grüne und FDP beteiligt waren) der Boden für die leeren öffentlichen Kassen bereitet. Dies traf Kommunen wie Wuppertal in voller Härte. In diesem Kontext ist auch der Teilverkauf der Versorgungssparte der WSW im Jahre  2002 an RWE zu sehen. Er wurde als alternativlose „strategische Partnerschaft“ bezeichnet. Heute möchten weder die Verantwortlichen der WSW noch die der Stadtspitze an diesen Deal erinnert werden.

2002 euphorisch gefeiert: “dies ist ein guter Tag für Wuppertal“ -  2007 kläglich gescheitert. Kein Wunder. Denn es ging 2002 nicht um strategische Partnerschaft.

Es ging darum, dass durch den Teilverkauf 116 Millionen € in die Stadtkasse gespült werden sollten, die dringend benötigt wurden.

66 Mio. € dienten zur Schuldentilgung bei den städtischen Kliniken, um sie teilentschuldet  an Helios übergeben zu können.

Die restlichen 50 Mio. sollten als Eigenanteil zur Finanzierung der Projekte der Regionale 2006 zum Einsatz kommen. Das Leuchtturmprojekt der Regionale, der Döppersberg-Umbau, ist ja zur Zeit wieder in aller Munde.

Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit dem „strategischen Partner“ RWE ist es unverständlich, dass 2009 wieder eine Zusammenarbeit mit einem Mega-Konzern gesucht wurde. Ein Konzern, der nicht  für umweltfreundliche Energiegewinnung steht. Das wird allerdings Thema unserer nächsten Zusammenkunft sein.

Dass die Anteile der Wassersparte nun wieder von GDF/SUEZ zurückgekauft wurden, ist positiv zu bewerten.

Jeder Verkauf  von gewinnträchtigen Anteilen schwächt die WSW in ihrer wirtschaftlichen Substanz und verringert die Quersubventionierung des ÖPNV, da die Gewinne von WSW Energie & Wasser AG zum Teil an den neuen Eigner abgeführt werden müssen. Aufgrund sinkender Quersubventionierung, hoher Kosten des Schwebebahnausbaus, der notwendigen Anschaffung neuer Schwebebahnen gerät die WSW mobil finanziell unter Druck.

Es besteht die Gefahr, dass dies zu einer Einschränkung des ÖPNV in Wuppertal führen wird, von der die heutigen Linienkürzungen nur ein Anfang sein werden.

ÖPNV muss keinen Gewinn machen. Mobilität ist ein Menschenrecht. Aber die Teilprivatisierung und die Aufspaltung der WSW, unterstützt von nationaler und europäischer Gesetzgebung, führen dazu, dass das Unternehmen sich mehr und mehr wie ein  Privatunternehmen verhält und die Gemeinwohlorientierung auf der Strecke bleibt. So haben sich die WSW bis zum Schluss geweigert, das relativ teure Sozialticket einzuführen. Statt Leistungen einzuschränken, müsste der ÖPNV, auch aus Gründen der ökologischen

Vernunft, attraktiver gemacht werden!

Öffentlicher Personenverkehr muss ein zentrales Mittel sein, den meisten Menschen Bewegungsfreiheit zu ermöglichen.

Anders als Marktliberale behaupten, haben Menschen ein Interesse daran, gesellschaftliche Bereiche  privatkapitalistischer Verfügung zu entziehen und unter öffentliche Verwaltung stellen zu lassen. Wir sprechen in

diesem Falle von öffentlicher Daseinsvorsorge –

ein Feld, das sich etwa auf Bereiche wie ÖPNV, Energie,

Bildung, Gesundheit usw. erstreckt.

Denn öffentliche Daseinsvorsorge ist ein wichtiges Instrument, um gesellschaftlichen Bedarf zu befriedigen, soziale Preisgestaltung zu ermöglichen, die Interessen benachteiligter sozialer Gruppen zu berücksichtigen, eine wirksame öffentliche Beschäftigungspolitik zu betreiben und sozialökologische

Standards einzuhalten.

Zudem sollten die Menschen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge demokratisch mitentscheiden können. Da sehe ich bei den WSW noch jede Menge Handlungsbedarf.

Anders als bei normalen Privaten gibt es ja bei den WSW jede Menge Eigentümer – die Wuppertalerinnen und Wuppertaler. Deshalb sollten wesentliche Informationen und Entscheidungsprozesse transparent und nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Ich hoffe, dass die heutige Versammlung dazu beitragen wird!

 

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