Resolution: Corona-Schutzschirm für Kommunen

Ratsfraktion DIE LINKE

VO/0352/20

Wegen Corona erst recht: Schutzschirm für die Kommunen aufspannen!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

 

der Rat der Stadt Wuppertal möge beschließen:

 

Der Rat der Stadt Wuppertal appelliert an die Bundesregierung und die Landesregierung, einen ‚Corona-Schutzschirm‘ für die kommunalen Gebietskörperschaften auf den Weg zu bringen. Dieser soll mindestens die Einnahmeausfälle von Kommunen und Landkreisen auffangen, das Altschuldenproblem der betroffenen Kommunen beschleunigt lösen und kommunale Investitionen durch Aufbau einer Beratungsgesellschaft zur Ergänzung der Planungskapazitäten in den kommunalen Ämtern unterstützen.

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie die kommunalen Gebietskörperschaften hart treffen und die unverschuldet zwischen ihnen bestehenden Unterschiede in Wirtschaftskraft, Standort- und Lebensqualität vertiefen werden. Der Kämmerer spricht von der größten Rezession seit dem 2. Weltkrieg.

  • Die kommunalen Steuereinnahmen hängen stark von Gewerbesteuer und kommunalem Anteil an der Einkommensteuer ab. Die Gewerbesteuer ist allerdings sehr konjunkturabhängig, hier ist mit beträchtlichen Einbrüchen zu rechnen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung rechnet in seinem Sondergutachten anlässlich der Corona-Pandemie je nach Dauer der Einschränkungen von Sozialkontakten und Wirtschaftstätigkeit für 2020 mit einem jahresdurchschnittlichen Rückgang des BIP von 2,8%, 5,4% oder 4,5%. Im schlimmsten Falle könnte, so die ‚Wirtschaftsweisen‘, die wirtschaftliche Erholung durch zwischenzeitlich aufgetretene Insolvenzen, Entlassungen sowie Zurückhaltungen bei Konsum und Investitionen massiv beeinträchtigt und ausgebremst werden.
  • Die in die bereits auf den Weg gebrachten Stützungsmaßnahmen eingestellten Steuerstundungsmöglichkeiten werden zu weiteren Steuereinbrüchen führen, die wiederum die Kommunen betreffen. Laut dem ‚Wirtschaftsweisen‘ Achim Truger ist „ein Absturz der kommunalen Steuereinnahmen um 20 Milliarden Euro und mehr durchaus realistisch“. Aktuell wird von 62 Millionen Euro Steuermindereinnahmen in Wuppertal gesprochen.
  • Ebenfalls zu Lasten der kommunalen Gebietskörperschaften wird sich auswirken, dass die Steuereinnahmen der Bundesländer einbrechen. Mit einem Jahr Verzögerung werden die Kommunen also mit erheblich geringeren als andernfalls, ohne Corona erwartbaren Zuweisungen aus dem landesspezifischen kommunalen Finanzausgleich zu rechnen haben.

Bei drastischen Einnahmeeinbrüchen in Folge der dargestellten Entwicklungen drohen sowohl erhebliche Beeinträchtigungen der kommunalen Infrastruktur und Daseinsvorsorge, als auch Behinderungen der bereits jetzt vielerorts blockierten kommunalen Investitionstätigkeit.

Aus Sicht des Rates der Stadt Wuppertal sprechen mindestens drei zwingende Gründe dafür, auf diese absehbare Notlage rechtzeitig, entschlossen und klar an alle Betroffenen kommuniziert mit dem Aufspannen eines ‚Corona-Schutzschirms‘ für die kommunalen Gebietskörperschaften zu reagieren.

Erstens sollte gerade nach Überwindung einer Notlage, die die Bündelung aller Kräfte und die Zusammenarbeit aller politischen Ebenen zur Voraussetzung hatte, dem grundgesetzliche Auftrag der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse Nachdruck verschafft werden. Dazu sind handlungsfähige Kommunen unentbehrlich.

Zweitens besteht in der Wirtschaftswissenschaft weitestgehend Konsens darüber, dass großformatige Investitionsprogramme nach Überwindung der Corona-Pandemie unverzichtbar sein werden, um einen möglichst schnellen und nachhaltigen wirtschaftlichen Erholungsprozess einzuleiten und zu gewährleisten. Um diese Programme umsetzen zu können, wird es umso dringender sein, dass auf kommunaler Ebene Investitionen vorgenommen werden können.

Drittens ist bereits jetzt unübersehbar, dass die kommunalen Gebietskörperschaften einen Mammutanteil an allen operativen Maßnahmen, mit denen der Pandemie begegnet wurde, erfolgreich gestemmt haben werden. Dafür war es unvermeidlich, dass sie einen Großteil ihrer Dienste für die allgemeine Bevölkerung drastisch einschränken mussten. Die Bevölkerung hat in dieser Ausnahmesituation weitestgehend widerspruchslos kooperiert angesichts von notwendigen Auflagen und Maßnahmen, die mitunter drastische Eingriffe in Alltag und Lebensführung bedeuteten. Es wäre nicht zu verantworten und den Bürgerinnen und Bürgern auch zu Recht nicht zu vermitteln, nach Ende dieser Ausnahmesituation weitere Einschränkungen durch dauerhaft längere Wartezeiten, Gebührenerhöhungen, schlechteren Betreuungsschlüssel und sinkende Qualität kommunaler Dienste akzeptieren zu müssen.

 

Deswegen fordert der Rat der Stadt Wuppertal Bundes- und Landesregierung dazu auf, in einen ‚Corona-Schutzschirm‘ für die Kommunen mindestens die folgenden Maßnahmen und Instrumente aufzunehmen:

  • die Einnahmenausfälle der kommunalen Gebietskörperschaften müssen so gut wie möglich kompensiert werden. Hier sind die Kommunen über die kommunalen Finanzausgleichssysteme der Länder (z.B. Gemeindefinanzierungsgesetz in NRW) zu unterstützen. Die Kommunen brauchen Zuweisungen statt nur Kredite, sei deren Laufzeit auch noch so gestreckt.
  • die im Vorfeld der Corona-Pandemie bereits angedachte Entschuldung besonders hochverschuldeter Kommunen darf nicht vertagt, sondern sollte mit besonderem Nachdruck durchgeführt werden. 
  • die Möglichkeiten der Kommunen zur Steigerung ihrer Investitionen werden durch einen Mangel an qualifizierten personellen Kapazitäten in ihren Ämtern blockiert. Um hier abzuhelfen, könnte der Bund wie vom Düsseldorfer Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) vorgeschlagen eine Beratungsgesellschaft gründen, die die kommunalen Planungskapazitäten ergänzt.

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Herhaus                          Gerd-Peter Zielezinski

Fraktionsvorsitzende                     Fraktionsvorsitzender