Ratssitzung 14. November 2016, TOP 4.2, VO/0876/16 Dringlichkeitsantrag - Planungssicherheit für verkaufsoffenen Sonntag schaffen

Gehalten von Gerd-Peter Zielezinski, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE, Wuppertal

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

Alle Jahre wieder hat DIE LINKE gegen das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonntagen gestimmt.

Ratsmehrheit und Verwaltung haben alle Jahre wieder erklärt, dass es bei der Abstimmung gar nicht um das Ob sondern nur um das Wann ginge. Schließlich hätte der Handel ein Anrecht auf 11 verkaufsoffene Sonn-und Feiertage im Jahr.

Der Artikel 140 im Grundgesetz bestimmt aber, dass der Sonntag als "Tag der Arbeitsruhe und zur seelischen Erhebung" geschützt ist.

Im Artikel 25 der Landesverfassung NRW heißt es dazu:

„Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage werden als Tage der Gottesverehrung, der seelischen Erhebung, der körperlichen Erholung und der Arbeitsruhe anerkannt und gesetzlich geschützt.“

Aus diesem Grund sind Verkaufsöffnungen an Sonn- und Feiertagen an enge rechtliche Vorschriften gebunden und für die Erlaubnis müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat die Erlaubnis der Stadt für den 4.12.16 kassiert, da gesetzliche Vorgaben nicht beachtet wurden.

Das Gericht begründet sein Urteil u. a. damit, dass der Weihnachtsmarkt kein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Anlass für die sonntägliche Ladenöffnung sein kann.

Dass dieses Urteil in der Sache richtig ist, wird eigentlich nicht bezweifelt. Trotzdem steht ver.di massiv in der Kritik.

Vor allem der Einzelhandel beschwert sich, obwohl ver.di schon im Vorfeld auf die Rechtswidrigkeit der Freigabe der Sonntagsöffnung hingewiesen hatte.

Stadt und Einzelhandelsverband sollten wissen, dass eine Sonntagsöffnung nicht mit wirtschaftlichen Interessen zu begründen ist. Denn den Müttern und Vätern des GG, die den Sonntag als „Tag der Arbeitsruhe“ geschützt haben, war sicherlich klar, dass mit diesem Schutz unternehmerische Tätigkeit eingeschränkt wird. Und das finden wir nach wie vor richtig!

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang aus der Antwort der CDU-Bundesgeschäftsstelle auf eine Frage der Allianz für den freien Sonntag aus dem Jahr 2013 zu zitieren:

„Als im Grundsatz arbeitsfreier Tag ist der Sonntag zugleich der Tag der gemeinsamen Zeit der Familie, Freunde und Nachbarn, der Tag des sozialen und kulturellen Lebens. Wir würden mehr verlieren als gewinnen, wenn wir die Sonntagsruhe aufgäben. UND:

CDU und CSU wenden sich entschieden gegen eine ausufernde Auslegung und Handhabung der bestehenden Regelungen für Sonntagsöffnungen im Einzelhandel. Durch eine weitere Freigabe der Ladenöffnungszeiten würde der Sonntag zu einem ganz gewöhnlichen Tag verkommen.“ Zitat Ende

Der Antrag von ver.di und das Urteil des Gerichts entsprechen diesen Forderungen voll und ganz.

Dass durch die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten Arbeitsplätze geschaffen wurden, ist pure Unternehmerpropaganda. Das Gegenteil ist der Fall.

In den drei Jahren nach der Liberalisierung von 1996 sank die Anzahl der Arbeitsstunden im Einzelhandel bundesweit um ca. 8 Prozent, 6 Prozent der Arbeitsplätze gingen verloren.

Zudem führen Lockerungen des Ladenschlusses zu einer Konzentration im Einzelhandel, kleinere Geschäfte bleiben auf der Strecke. Der Umsatz erhöht sich nicht. Er verteilt sich nur anders.

Bayern ist das Bundesland mit der besten Entwicklung des Einzelhandels und den restriktivsten Ladenöffnungszeiten.

Folglich gibt es keinen Zusammenhang zwischen großzügiger Freigabe der Ladenöffnungszeiten und Umsatzsteigerung. Beifall

Nun zum Antrag der FDP:

Der in der Begründung des Antrags wahrgenommene Ärger von BürgerInnen und Beschäftigten hält sich in engen Grenzen. Dass ausgerechnet die FDP die Interessen der Beschäftigten besser vertritt als die Gewerkschaft, glaubt wahrscheinlich nicht einmal die FDP.  Beifall

Und was den Ärger der BürgerInnen angeht:

Diese haben sich noch vor einer Woche in Münster in einem Bürgerentscheid gegen verkaufsoffene Sonntage ausgesprochen. Überzeugend sind Ihre Argumente wirklich nicht!

Und nun zum Antragstext:

Die Aufforderung der FDP, heute am 14.Nov. rechtlich sichere Rahmenbedingungen zu schaffen, den verkaufsoffenen Sonntag am 04.12.2016 stattfinden zu lassen, ist geradezu abenteuerlich.

Das Gericht lässt den Weihnachtsmarkt nicht als legitimen Anlass für eine Sonntagsöffnung durchgehen.

Aber ein schnell aus dem Boden gestampftes Event soll nun den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Da ist die nächste Rechtsbeugung schon programmiert. Der FDP-Antrag steht in der rechtswidrigen Tradition, zuerst den Termin des verkaufsoffenen Sonntags festzulegen, um  sich dann einen Anlass auszudenken, sei es z.B. ein Herbst- oder Martinsfest. Kurzum: ein Alibi-Anlass.

Dass eine solche Veranstaltung nicht ein bloßes Anhängsel des verkaufsoffenen Sonntags sein darf, hat das Gericht ausführlich erläutert.

„Bei verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift ist die Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot nur dann mit dem Sonntagsschutz vereinbar, wenn der Markt und nicht die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages prägt. Dazu muss der Markt für sich genommen – also nicht erst aufgrund der Ladenöffnung – einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, der die zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt.“

Was kümmert das die FDP, wenn es um die Interessen großer Handelsketten geht. Da handelt man lieber nach dem alten Anarchospruch:

Legal, illegal, scheißegal.