Ratssitzung 27. März 2023, TOP 1.1, Haushaltsreden

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

Seit dem Haushaltsplan 22 hat sich die finanzielle Lage in der sich Stadt und Bürger*innen befinden nicht verbessert.

Gleichzeitig steigt die Zahl der Millionäre in Wuppertal.  Alters- und Kinderarmut nimmt auch in Wuppertal zu. In unserer Stadt lebt fast jedes dritte Kind in Armut. Die Armut von Familien und damit die Armut von Kindern nehmen  durch die höheren Kosten für Lebensunterhalt und Energie weiter zu. Die Lebensqualität in der Stadt sinkt, wenn präventive Hilfsangebote, Teilhabe an Sport und Kultur zurückgefahren werden.

Desto wichtiger ist die Unterstützung der Träger der Freien Wohlfahrtspflege und der freien Kultur.

Die Wohlfahrtsverbände, die ein gut Teil der sozialen Pflichtaufgaben in dieser Stadt tragen, und die Freie Kulturszene dürfen nicht alleingelassen werden mit den explodierenden Kosten.

 Wenn das GMW mit Steigerung der Energiekosten von 60% rechnet, wird das bei den Verbänden nicht anders sein. Daher unterstützen wir die Anträge der Freien Wohlfahrtspflege und der freien Szene.

Die Wertschätzung für die Arbeit der Sozialverbände haben wir in einem eigenen Antrag zum Ausdruck gebracht, der heute hier auch behandelt wird. Wir hoffen sehr, dass die Ratsmehrheit der berechtigten Forderung der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege nach Dynamisierung der städtischen Zuschüsse folgt.

Eine Dynamisierung der Zuschüsse braucht es auch für die „Wuppertaler Familienpatenschaften“ des Nachbarschaftsheims. Die Zuschüsse für dieses niedrigschwellige Hilfsangebot für Familien sind seit 15 Jahren gedeckelt und reichen nicht mal mehr für die Personalkosten aus.

Familien und Kinder erreicht auch das präventive Angebot des städtischen Stadteiltreffs Rehsiepen. Bereits im Mai des vergangenen Jahres hat die BV Ronsdorf einstimmig für die Einrichtung einer Vollzeitkraft gestimmt. Es wird höchste Zeit, dass dieser Beschluss umgesetzt wird. BV-Mittel sind im Übrigen nicht dazu da, reguläre Aufgaben der Verwaltung zu finanzieren.

Die Bitte der muslimischen Wuppertaler*innen auf finanzielle Unterstützung zur Errichtung des muslimischen Friedhofs fand ja bereits die Zustimmung der Ratsmehrheit und sollte in den Haushalt 23 aufgenommen werden.

Der barrierefreie Ausbau der Infrastruktur ist eine Mammutaufgabe, deren Erfüllung aber allen Wuppertaler*innen das Leben erleichtern kann.

Um weiterhin wenigsten kleine Schritte machen zu können fordern wir die Verdopplung des bisherigen Ansatzes von 50.000 auf 100.000 €.

Sie sehen, es gibt auch finanziell geringe Posten, die aber für die meist ehrenamtlich Aktiven eine große Erleichterung und Verbesserung ihrer Arbeit bringen. Deshalb möchten wir den Seniorenbeirat gerne unterstützen, der für seine Öffentlichkeitsarbeit bescheidene 5000 € fordert.

Um die kulturelle Arbeit im Stadtteil und darüber hinaus weiter fortsetzen zu können, benötigt auch der Bürgerbahnhof Vohwinkel Unterstützung.

Die Akteur*innen der freien Wuppertaler Kulturszene  sind in den vergangenen Jahren durch die Coronamaßnahmen  oft an ihre finanziellen Grenzen gestoßen. Um ihnen eine gewisse Stabilität zu ermöglichen, hat die Bezirksvertretung Elberfeld in ihrer Sitzung am 1.3.23 empfohlen, den Haushaltsansatz für die Förderung der Freien Kulturszene auf 250.000 EUR zu erhöhen. Diesem Antrag schließen wir uns gerne an.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sie sehen, im Verhältnis zum gesamten Haushalt der Stadt fallen die zusätzlichen Forderungen kaum ins Gewicht.

Sollten sich diese Mehrausgaben nicht durch andere Haushaltstitel gegenfinanzieren lassen, so  gibt im Haushaltsentwurf ja noch 5,3 Mio. € für die BuGa.

DIE LINKE lehnt diesen Haushaltsposten entschieden ab. Wir erachten Investition und Stellenaufbau an anderer Stelle für wichtiger und nachhaltiger.

Die BUGA belastet den Haushalt in unverantwortlicher Weise. Wir können uns neben dem Pina-Bausch-Zentrum kein weiteres Leuchtturmprojekt mehr erlauben.

Die Bundesgartenschau in Wuppertal schafft der Stadt nur zeitlich begrenzt bundesweite Aufmerksamkeit. Ganz anders ein Pina-Bausch-Zentrum, dass das  kulturelle Leben in unserer Stadt nachhaltig belebt und über eine weltweite Reputation verfügt.

Wenn das Projekt wegen steigender Kosten nicht durchgeführt werden könnte, blamierte sich die Stadt  international.

 

Die Streichungen der Vergangenheit und die Zuwendungen aus dem Stärkungspakt haben den Haushalt nicht sanieren können. Die annähernd 1000 Stellenstreichungen haben die Verwaltung gelähmt, sodass nicht ausreichend geplant, Fördergelder nicht eingeworben und soziale Dienstleistungen nicht erbracht werden können.

Auch in diesem Jahr befinden sich die Energiepreise auf hohem Niveau, Ukraine-Krieg, Pandemie und Teuerungsrate vor allem beim Bau erzeugen Mehrkosten in Millionenhöhe. 68% der Einwohner*innen in NRW erwarten mehr Investitionen in Busse und Bahnen, 80% mehr Investitionen in Kitas, Schulen, Unis und 76% wünschen sich mehr Investitionen in den Klimaschutz. Alle diese Zahlen liegen weit über dem Bundesdurchschnitt. (IMK-Umfrage)

Aber dieser Haushalt schiebt erneut wichtige Investitionen wie z.B. die Renovierung der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule in die ferne Zukunft.

So etwas hat zwei Folgen: Die Preise für Bauleistungen werden steigen und der Verfall an Gebäuden, Treppen, Brücken wird fortschreiten. Damit wird in der Zukunft noch mehr Geld für die Sanierung erforderlich sein.

Faktisch kaschiert die Schuldenisolation nur den Bruch mit der Schuldenbremse, die doch landauf – landab als Grundrecht festgeschrieben wurde. Die Schulden für Pandemie, Krieg und Energiekosten werden nicht durch Steuern für Einkommensstarke gedeckt, sondern als zinspflichtige Kredite in die Zukunft verschoben. Der haushaltspolitische Spielraum künftiger Stadträte in Wuppertal wird dadurch eingeengt.

DIE LINKE im Rat fordert deshalb im Verein mit dem Bündnis für die Würde unserer Städte erneut einen Altschuldenfonds von der schwarz-grünen Landesregierung. Die Sache duldet keinen Aufschub.

Zum Schluss möchte ich noch ein gravierendes Problem ansprechen, zu dessen Lösung auch unsere Stadt einen Beitrag leisten muss.

»Die Entscheidungen und Maßnahmen, die in diesem Jahrzehnt umgesetzt werden, werden sich jetzt und in den nächsten tausenden von Jahren auswirken.«

Das ist der Schlüsselsatz der Zusammenfassung des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC), der am  letzten Montag im Schweizer Ferienort Interlaken vorgestellt wurde.

Wir fragen:

Stellt der vorgelegte Haushalt die Weichen für die notwendige Transformation, die Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen?

Gewiss es gibt 11,5 neue Stellen für Umwelt, Klima und Mobilität und anderes Positive.

Gut so. Aber das reicht bei weitem nicht.

Dass die Stadt in Frage Nachhaltigkeit nicht wirklich vorankommt, ist nicht nur der Finanznot der Stadt geschuldet – es fehlt auch der politische Wille.

Es fehlt der Wille den Flächenverbrauch entscheidend einzuschränken. Und:

Alle Vorschläge bei denen nur der Eindruck entsteht, dass der motorisierte Individualverkehr eingeschränkt wird, werden von SPD, CDU und FDP abgelehnt.

Dies, obwohl es der Verkehrssektor ist, dessen CO2- Ausstoß, der wesentlich für den drohenden Klimakollaps verantwortlich ist, nicht abnimmt sondern weiter steigt.

Mal sehen was aus Vorschlägen wie  Talachsenradweg Radrundweg oder autofreier Platz am Kolk wird.

„Das Blockieren effizienter Maßnahmen zur Emissionsreduktion und die Scheinheiligkeit, mit der halbherzige und vollkommen unzureichende Änderungen und Ambitionen als riesige Erfolge präsentiert werden, gefährden die Sicherheit und Freiheit heutiger und zukünftiger Generationen.“ So Fridays for Future zum Sachstandsbericht des Weltklimarats.

Trifft diese Kritik nicht auch auf Wuppertal zu?

Die drohende Klimakatastrophe muss verhindert werden!

Global denken - lokal handeln.