Ratssitzung 16. November 2021, TOP 11.1 Bewerbung um die Durchführung der Bundesgartenschau 2031 (BUGA 2031),
TOP 11.1.2 Ratsbürgerentscheid BUGA Antrag der Fraktion DIE LINKE, TOP 11.1.3 Begleitantrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen zum TOP Bewerbu
Reden gehalten von Bernhard Sander und Gerd-Peter Zielezinski
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen,
DIE LINKE lehnt die BUGA in der geplanten Form ab.
Die Gründe kurz & bündig:
- Mit der Umwandlung der Tescher Wiesen wird knappes Agrarland vernichtet. Die Erwartung, hier hochwertigen Wohnungsbau zu beginnen, bleibt die Vision der Planer S.29 unistudie. Hier findet keine Konversion alter Bahn- oder Militärflächen statt.
- Die Hängebrücke hat keinerlei Nutzen für die Alltagsmobilität in der Stadt: Fahrräder müssen geschoben werden. ÖPNV-Anbindung ist nicht gegeben.
- Nicht umsonst wird die von der LINKEN geforderte Nachhaltigkeitsstudie vom zuständigen Beigeordneten verweigert. Ist der Vertrag mit der BUGA-Gesellschaft erst unterzeichnet: Und stellt sich dann die Unverträglichkeit der Hängeseilbrücke doch noch heraus, wird man auf das Einhalten der Verträge pochen.
- Die Stadtökonomische Wirkung ist mehr als begrenzt: Wenn man die RWI-Modelle zum Multiplikator-Effekt von staatlichen Investitionen zugrunde legt, ergeben 50 Mio. Euro (die die Studie ausweist S. 15) etwa 400 zusätzliche Arbeitsplätze in Wuppertal – über FÜNF Jahre. Aber die Uni-Studie sagt ja selbst, dass große Summen z. B. für die Planungsbüros etwa 10 % der Gesamtsumme, die Notwendigkeit europaweiter Ausschreibung (und Vergabe) gar nicht in Wuppertal landen werden (Verbleibsquote im Tiefbau 44%). Für die Seilbahn- Konstruktion wird sich in Wuppertal schon mal kein Unternehmen finden lassen.
- Die Folgekosten für den Rückbau von BUGA-Einrichtungen oder für den Unterhalt der technischen Einrichtungen z.B. der Hängebrücke werden bei diesen 71 Millionen gar nicht berücksichtigt. Da darf die Kämmerei dann sehn, woher das Geld kommt.
- Ja, aber da fließen Steuern zurück: Richtig die Uni-Studie berechnet 1,9 Millionen Euro als fiskalischer Effekt. Von 71 Millionen Ausgaben.
- Weder für energetische Innovation noch für neue Mobilität findet sich in der Machbarkeitsstudie ein bezifferter Ansatz.
- Alles was in dieser Richtung passieren könnte, muss zusätzlich finanziert werden. So verhält es sich auch mit dem Wunschzettel der Grünen: Sanierung der Zoosäle? Zweifellos wichtig – aber nicht in der Kalkulation der Machbarkeitsstudie. Kostenloser Zugang zur Hängeseilbrücke: In der Machbarkeitsstudie sind die Einnahmen fest eingeplant. Würde also das Einnahmekonzept gefährden.
- Wie schon am Döppersberg wird die Deutsche Bahn keinen müden Cent über das nötigste der Verkehrssicherheit hinaus ausgeben, um ihre S-Bahnhöfe attraktiv zu gestalten, keine Toilettenanlage, nix.
- Geschätzt 1,8 Millionen Besucher*innen: Was macht das mit den Tieren, wenn davon nur 1 Drittel zusätzlich, also 600.000 durch den Zoo läuft? Das wäre mehr als das Doppelte der aktuellen Zahlen dort.
Und das wichtigste zum Schluss: Wuppertal hat das Geld nicht. Wir haben wichtigere Investitionen in Brücken Treppen usw. Schon die Kothener Brücke am Schwebebahnhof Zoo ist ein trauriger Anblick, aber nicht im Investitionsvolumen der BUGA.
Der Kämmerer rät dringend von diesem Abenteuer ab: Die Vorlage beziffert den Finanzaufwand auf rd. 71 Millionen Euro. Zum Vergleich: Um die städtischen Brücken, Treppen, Wege verkehrssicher zu machen ist nach Auskunft des zuständigen Dezernats Investitionen von rd. 120 Millionen Euro notwendig. Es gibt also wahrlich wichtigeres als die BUGA.
Wir schließen uns den Ausführungen des Kämmerers in dieser Vorlage ausdrücklich an, der „mit Nachdruck“ empfiehlt: „Um die Tragfähigkeit des städtischen Haushaltes nicht zu überfordern und um die knappe Finanzausstattung der Stadt nicht übermäßig zu beanspruchen, … auf die Durchführung einer Bundesgartenschau zu verzichten.“
Da sollen nun die sogenannten Privaten einspringen. Der Förderverein wird es schon richten: Aber allein bei den Planungskosten hat er von den 1,5 Millionen für jedes der nächsten 5 Jahr erst eine Zusage von 240 000 Euro.
Ein Teil dieser sogenannten Privaten in und um den Förderverein sind städtische Unternehmen. Über die Höhe des finanziellen Engagements dieser Gesellschaften kann oder will die Stadt keinerlei Aussagen machen.
Das heißt, ein Großteil der privaten Zusagen ist eigentlich gar nicht privat. Und wenn sie für die BUGA spenden: Was können sie dann noch an den städtischen Haushalt abführen? Für welches Fest, welchen Verein, welches Sozialprojekt können sie dann nicht mehr spenden?!!
Unser Fazit ist: Nicht durchdacht, nicht solide gerechnet, - Lassen wir die Finger davon!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
vorab möchte ich einige Bemerkungen zum Begleitantrag von CDU und Grünen machen. Zur Ergänzung der Machbarkeitsstudie werden noch weitere Vorschläge gemacht.
Die Nutzung der Hängebrücke soll kostenlos sein. Die Zoosäle sollen saniert werden. Die Parkanlagen sollen aufgewertet und eventuelle Fehlbeträge sollen von Privaten ausgeglichen werden. Ein Wunschzettel!
Das kostet entweder neues städtisches Geld oder soll durch privates finanzielles Engagement bereitgestellt werden. Der städtische Haushalt ist schon durch die Buga-Planung im engeren Sinne überfordert. Dann ist es wenig hilfreich, wenn noch weitere Aufgaben dazu kommen sollen Denn von den Privaten gibt es nur eine Zusage von 2,4 Millionen. Pikanterweise verbergen sich hinter „Privaten“ auch städtische Gesellschaften. Über die Höhe des finanziellen Engagements dieser Gesellschaften kann oder will die Stadt keinerlei Aussagen machen.
Das heißt, ein Großteil der privaten Zusagen ist eigentlich gar nicht privat.
Woher also die Hoffnung kommt, dass sich Private in weit höherem Maße finanziell beteiligen würden, kann vor diesem Hintergrund nur als bloßes Wunschdenken bezeichnet werden.
Nun zu unserem Antrag auf ein
Ratsbürgerbegehren
„Die BUGA 2031 ist eine großartige Chance für Wuppertal und die Wuppertaler Bürgerinnen und Bürger. Sie wird positive ökonomische und ökologische Effekte mit sich bringen.“
So CDU und Grüne in der Begründung ihres Begleitantrags. Dieser Begründung werden SPD und FDP gewiss zustimmen. Aber dass das die Mehrheit der Bürger*innen unserer Stadt genauso sieht, glauben besagte Parteien offensichtlich nicht.
Obwohl der Antrag auf Durchführung eines Ratsbürgerbegehrens im Beirat der BUGA nicht auf der Tagesordnung stand, gab es vielfältige ablehnende Stellungnahmen dazu.
So führte Kollegin Yasgülü Zeybeck aus, dass der Antrag zu spät käme und deshalb abzulehnen sei.
Hätten wir ihn früher gestellt, wäre er gewiss zu früh gekommen, da zu viele Aspekte der Buga noch gar nicht geklärt und die Stadtgesellschaft noch unzureichend informiert sei.
In diesem Zusammenhang erinnere ich an unseren Antrag, für die Hängebrücke ein Gutachten zu beauftragen, um ihren ökologischen Fußabdruck zu ermitteln.
Diesen Antrag konnten DIE GRÜNEN nicht unterstützen, weil er zu früh gestellt wurde.
Dies, obwohl es selbstverständlich ist, dass ein Gutachten erst dann erstellt werden kann, wenn über die Materialität der Brücke konkrete Aussagen vorliegen.
Da möchte ich unseren grünen OB loben. Der ist wenigstens ehrlich. Er äußerte nämlich, dass eine BUGA viel zu komplex sei, um die Bürger*innen darüber abstimmen zu lassen.
Das erinnert mich an eine Bemerkung des Kollegen Reese. Er äußerte einmal zu Bürgerbegehren, dass diese nur geeignet seien, die Frage zu beantworten, ob eine Stadt Wuppertal oder Wupperberg heißen solle.
Kurzum, weil befürchtet wird, dass ein Bürgerbegehren einem Aus für die BUGA-Pläne gleichkäme, lehnt es die ganz große Koalition von SPD/CDU/Grüne und FDP ab.
Fazit: Bürgerbeteiligung wird nur propagiert, mitreden dürfen Bürger*innen schon, Nebensächlichkeiten vielleicht sogar entscheiden, aber bei wirklich wichtigem Ding sollten die Entscheidungen ausschließlich von den selbsternannten Expert*innen getroffen werden.
DIE LINKE vertraut diesen selbsternannten Expert*innen nicht.
So manches Fiasko bei Leuchtturmprojekten hätte verhindert werden können, wenn man die Bürger*innen befragt hätte.
Vielen Dank.
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