Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationsgeschichte

Antrag an Schul- und Migrationsausschuss und an den Rat, 30. März 2009

VO/0185/09

Der Rat der Stadt Wuppertal möge daher beschließen:

I. Förderung der Familiensprachen:

1. Die einzelne Schule erhebt für ihre Schülerinnen und Schüler den Bedarf an Muttersprachlichem Unterricht (MSU). Dazu informiert die Schule mit der Verwaltung die Eltern und die Schüler/innen über das Angebot, an einem möglichst in derselben Schule stattfinden Kurs in der Familiensprache teilzunehmen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrter Herr Izgi,

sehr geehrter Herr Engelmann,

in Wuppertal lernen in allen Schulformen viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, d.h., sie stammen aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte, in denen neben der deutschen noch eine andere Familiensprache gesprochen wird. Zur Bildungslaufbahn dieser Schülerinnen und Schüler gehört nach der UNO-Menschenrechtskonvention, der Europaratsvereinbarung und den EU-Abkommen die Sicherung und umfassende Förderung ihrer nicht-deutschen Erst- oder Familiensprache sowie ein ihren sprachlichen Bedürfnissen angepasstes Angebot in der deutschen Sprache (Deutsch als Zweitsprache / Deutsch als Fremdsprache). Deshalb müssen die Schulen veranlasst werden, stärker als bisher die umfassende sprachliche Bildung der Schülerinnen und Schüler in ihrer Erstsprache mit und durch die Unterstützung der Verwaltung voranzutreiben.

Der Rat der Stadt Wuppertal möge daher beschließen:

I.                     Förderung der Familiensprachen:

  1. Die einzelne Schule erhebt für ihre Schülerinnen und Schüler den Bedarf an Muttersprachlichem Unterricht (MSU). Dazu informiert die Schule mit der Verwaltung die Eltern und die Schüler/innen über das Angebot, an einem möglichst in derselben Schule stattfinden Kurs in der Familiensprache teilzunehmen.
  2. Die Verwaltung strebt das Ziel an, aufgrund dieser Meldungen den MSU soweit wie möglich an der jeweiligen Schule zu organisieren.
  3. Gruppen ab 15 Schüler/innen werden als MSU-Lerngruppe (evtl. auch jahrgangsübergreifend) an der jeweiligen Schule eingerichtet und von der Schule in den Stundenplan der Schule integriert.
  4. Für diejenigen Sprachen, die bisher nicht vom MSU-Angebot des Landes abgedeckt wurden, bemüht sich die Verwaltung, eine Lösung mit einem außerschulischen Partner zu finden, um die jeweiligen Schüler/innen zu fördern.

II.                   Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Fremdsprache

  1. Die Verwaltung holt Informationen bei den Schulen ein, welche Angebote bisher im Bereich DaZ/DaF existieren.
  2. Die Verwaltung informiert die Schulen, auf welche Unterstützung die Schulen durch Angebote der RAA bzw. der Universität Wuppertal zurückgreifen können, und bietet Hilfe bei der Organisation an.
  3. Die Verwaltung fragt bei den Schulen nach, welche weitere Hilfen sie wünschen, und prüft, wie diese erfolgen könnten (evtl. auch in Kooperation mit der Universität).

III.                  Interkulturelle Kompetenz

  1. Die Verwaltung erbittet von den Schulen Informationen über die bisherigen Anstrengungen, das dort arbeitende Personal in Interkultureller Kompetenz zu schulen.
  2. Die Verwaltung übermittelt den Schulen diesbezügliche Angebote.
  3. Die Verwaltung ermittelt einen entsprechenden Fortbildungsbedarf der Schulen und bemüht sich, dafür Angebote (auch mit Partnern) bereit zu stellen.

IV.                Islamische Unterweisung

1.   Die Verwaltung erbittet bei den Schulen Informationen darüber, wo bereits Islamische

      Unterweisung erteilt wird.

2.   Die Verwaltung fragt bei den Schulen nach, ob weiterer Bedarf zur Erteilung

      Islamischer Unterweisung bestehen könnte.

3.   Die Verwaltung prüft, ob alevitischer Religionsunterricht, wie er bereits in der GS

      Opphofer Straße angeboten wird, auch in anderen Stadtbezirken angeboten werden

      kann.

Begründung:

Die nationale und internationale pädagogische und Bildungsforschung kann einen deutlichen Zusammenhang von Schulerfolg und Sprachbeherrschung beschreiben. Dies gilt sowohl für die Familiensprache als auch für die Umgebungssprache. Dass allein Sprachförderung nicht die Bildungsbarrieren aufhebt, die durch soziale Ungleichheit entstehen, ist evident; dennoch ist die umfassende Förderung in allen Sprachen ein wesentlicher Faktor für den Zugang zum Arbeitsmarkt, aber auch für die Entwicklung von Selbstwertgefühl und Identität.

In Wuppertal gehen viele Schüler/innen mit Migrationshintergrund zur Schule. Leider werden aber nicht in allen Schulformen und Schulstufen alle mit allen Förder- und Unterrichts-möglichkeiten unterstützt, wie dies wünschenswert wäre.

Daher ergreifen Rat und Verwaltung die Initiative, die Schulen anzuregen, die Schüler/innen mit Migrationsgeschichte deutlicher als bisher zu unterstützen, um ihren Bildungserfolg zu verbessern. Dazu reicht es nicht aus, MSU stadtweit anzubieten und die Initiative, an diesem Unterricht teilzunehmen, allein bei den Eltern zu belassen. Stärker als bisher sind die Schulen in ihrer Rolle als Bildungsberatungsinstitution gefragt.

Die Einrichtung der MSU-Kurse an den einzelnen Schulen soll in Zeiten zunehmenden Ganztagsunterrichts in Wuppertal (ein erklärtes Ziel) dafür sorgen, dass die Schüler/innen keine Organisationsprobleme lösen müssen, die derzeit oftmals bestehen, wenn MSU und Ganztag sich überschneiden.

Interkulturelle Kompetenz ist eine wesentliche Voraussetzung in einer multikulturellen Gesellschaft. Einrichtungen, deren Personal bislang noch monokulturell zusammengesetzt ist, benötigen Fortbildung in Interkultureller Kompetenz, um allen Einwohnerinnen und Einwohnern gerecht zu werden und sie in ihren Anliegen zu verstehen. Damit verbunden ist die Zielsetzung, dass sich alle Wuppertaler/innen als gleichwertig behandelt sehen.  

Grundsätzlich spricht sich DIE LINKE zwar für die Trennung von Kirche und Staat aus und damit auch für die Abschaffung eines staatlich organisierten Religionsunterrichts. Solange allerdings noch staatlich organisierter Religionsunterricht für katholische, evangelische, jüdische und griechisch-orthodoxe Schülerinnen und Schüler erteilt wird, setzt sich

DIE LINKE für eine Gleichbehandlung der übrigen Religionen ein.

Islamische Unterweisung in deutscher Sprache wird seit vielen Jahren bereits in NRW unterrichtet. Sie dient dem Bedürfnis der Eltern, ihren Kindern religiöse Bildung zu vermitteln. Islamische Unterweisung ist eine sichtbare Form der Anerkennung zugewanderter Familien, da damit der in der Verfassung niedergelegte Gleichheitsanspruch der Religionen sichtbar erfüllt wird.

Der alevitische Religionsunterricht wird bereits in der GS Opphofer Straße angeboten. Dieser Unterricht sollte auch Eltern und Kindern anderer Stadtteile wohnortnah angeboten werden, da es die Integration der in Wuppertal lebenden Menschen mit Zuwanderungsgeschichte fördert.

Mit freundlichen Grüßen

Ercan Sarigöz                        Gunhild Böth                    Ratsgruppe DIE LINKE


Beschlusslauf:

Der Migrationsausschuss nimmt den Antrag zur Kenntniss, sieht aber den Schulausschuss als den federführenden Ausschuss an und spricht daher keine Empfehlun für den Rat aus.

Der Schulausschuss vertagt den Antrag auf die nächste Sitzung am 6. Juni 2009, da in dieser Sitzung der Schulamts einen Bericht zum Stand des muttersprachlichen Unterrichts halten wird. In dieser Sitzung wird der Antrag zurückgezogen.