Antrag Umsetzung rechtskonformer Kosten der Unterkunft

Antrag zur Ratssitzung, 7. März 2016

VO/0184/16

Der Rat der Stadt Wuppertal fordert seine Vertreter*innen im Verwaltungsrat des Jobcenters Wuppertal AöR auf, darauf hinzuwirken, dass das Jobcenter Wuppertal die Berechnung der Kosten der Unterkunft (KdU) rechtskonform ausführt.

 

Zudem ist bei jeder Änderung der Verwaltungsrichtlinien zur Gewährung der Unterkunftskosten nach § 22 SGB II der Sozialausschuss vorab in Kenntnis zu setzen. Die Änderungen sollen von einer/einem Vertreter*in des Jobcenters erläutert werden.

 VO/0184/16

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

der Rat der Stadt Wuppertal möge beschließen:

Der Rat der Stadt Wuppertal fordert seine Vertreter*innen im Verwaltungsrat des Jobcenters Wuppertal AöR auf, darauf hinzuwirken, dass das Jobcenter Wuppertal die Berechnung der Kosten der Unterkunft (KdU) rechtskonform ausführt.

Zudem ist bei jeder Änderung der Verwaltungsrichtlinien zur Gewährung der Unterkunftskosten nach § 22 SGB II der Sozialausschuss vorab in Kenntnis zu setzen. Die Änderungen sollen von einer/einem Vertreter*in des Jobcenters erläutert werden.

Begründung:

Laut offizieller Statistik der Bundesagentur für Arbeit zur Wohn- und Kostensituation im SGB II in Bezug auf Wuppertal (Stand: 9/2015) wurden dort monatlich 320.286 € der Unterkunftskosten von SGB-II-Leistungsberechtigten vom Jobcenter nicht übernommen. Wenn diese Quote durch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften in Wuppertal geteilt wird (23.415), beträgt die Nichtübernahmequote durchschnittlich 13,67 € / Monat pro SGB-II-Haushalt in Wuppertal. Allerdings liegt die finanzielle Belastung bei den betroffenen Haushalten wesentlich über dem Durchschnittswert. Müssen die Unterkunftskosten teilweise aus dem Regelsatz bestritten werden, führt dies zu einer dauerhaften Unterschreitung des Existenzminimums, was wiederum eine häufige Ursache ist für Überschuldung und andere soziale Schwierigkeiten.

Die Berechnung der Unterkunftskosten durch das Jobcenter Wuppertal wurde in der Vergangenheit immer wieder von der Rechtsprechung für rechtswidrig erklärt. Auch der Verein Tacheles kritisierte mehrfach die Bemessungsmethode und fordert die Anpassung der Mitobergrenzen an deutlich gestiegene Mietpreise für Neuvermietungen in Wuppertal.

Das Landessozialgericht NRW (LSG) verurteilte das Jobcenter Wuppertal bereits Ende Oktober vergangenen Jahres dazu, die angemessenen Unterkunftskosten für Wuppertaler Hartz-IV-Beziehende in rechtmäßiger Weise zu bemessen. Es erklärte die bisher vom Jobcenter Wuppertal angewendete Methode zur Festsetzung der Werte für die übernahmefähigen Unterkunftskosten auf Grundlage der kalten Grundmiete für rechtswidrig. Das Gericht ordnete an, die sogenannten »angemessenen Kosten der Unterkunft« anhand der Bruttokaltmiete zu bemessen. Das Urteil betraf den Zeitraum 2012 und wäre in Folge ab diesem Zeitpunkt umzusetzen. Allerdings sind Nachzahlungsansprüche auf den Beginn des Vorjahres beschränkt.

Das Jobcenter Wuppertal bestimmt in der neuen KdU-Richtlinie (Ziff. 1.1.1 / Seite 6), dass diese Werte erst ab dem 01.01.2016 anzuwenden sind. Laut Stellungnahme von Tacheles ist der Ausschluss der Rückwirkung der vom Landessozialgericht festgesetzten Werte jedoch rechtswidrig.

Bei einer rechtskonformen Anwendung der Rechtsprechung ist darauf hinzuwirken, dass die vom LSG festgesetzten Werte zu den angemessenen KdU rückwirkend ab dem 01.01.2015 umgesetzt werden. Außerdem sollte eine entsprechende Korrektur und Nachzahlung von Amts wegen bei allen betroffenen Haushalten durchgeführt und nicht darauf abgezielt werden, dass die betroffenen Haushalte eine rückwirkende Überprüfung der rechtswidrig bewilligten KdU und ggf. Nachzahlung zu Unrecht vorenthaltener Leistungen selbst beantragen müssen. Des Weiteren ist die neue KdU-Richtlinie des Jobcenter Wuppertal in Bezug auf Betriebskostennachforderungen zu korrigieren. In der neuen Richtlinie wird verfügt, dass auch Betriebskostennachzahlungen nur noch bis zur Höhe der Gesamtangemessenheitsgrenze übernommen werden. Nach herrschender Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Nachforderungen für Unterkunftskosten am Ende eines Abrechnungszeitraums, zunächst immer in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Eine Beschränkung der übernahmefähigen Kosten auf die Angemessenheitsgrenze ist erst nach wirksam gewordener Kostensenkungsaufforderung durch das Jobcenter zulässig. Auf eine Absenkung solcher unangemessenen Kosten sollte jedoch verzichtet werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel anfallenden Leistungen unwirtschaftlich wäre (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Letzteres ist zwingend in die Richtlinie aufzunehmen.

Der Verein Tacheles hat in Bezug auf die neue Richtlinie des Jobcenter Wuppertal zu den Unterkunftskosten zwei Fachaufsichtsbeschwerden bei der Bezirksregierung Düsseldorf eingelegt http://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/Tach.FA_Bezirksregierung_31.01.2016.pdf; http://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/2._FA_Tacheles_zu_KdU_an_BzR_06.02.2016.pdf)

Mit freundlichen Grüßen

Gunhild Böth                                      Gerd-Peter Zielezinski

Fraktionsvorsitzende                            Fraktionsvorsitzender